de | en

Zion National Park

Völkerkunde − Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg in den Zion National Park. Am Parkeingang erhalten wir eine Infobroschüre, welche die lange und interessante Geschichte der Gegend erläutert. Die ersten Bewohner erreichten das Gebiet vor fast 12’000 Jahren. Sie lebten von der Jagd auf Mammoths und andere steinzeitliche Tiere. Klimatische Veränderungen vor rund 8’000 Jahren führten zum Aussterben vieler dieser Tierarten. Die Menschen passten sich der neuen Situation an und konzentrierten sich fortan auf die Jagd kleinerer Tiere und auf das Sammeln von Samen und Pflanzen. Mit der Zeit gingen aber auch diese Ressourcen zur Neige und die Menschen mussten sich einmal mehr etwas einfallen lassen, um ihr Überleben zu sichern. Sie wurden sesshaft und versuchten sich als Farmer. Entlang des Virgin Rivers entstanden kleine Pueblosiedlungen, wodurch ihre Bewohner heute Virgin Anasazi genannt werden. Obwohl in einem Wüstengebiet gelegen, bot das Tal ideale Bedingungen. Auf dem weiten und ebenen Talboden wurden hauptsächlich Mais und Kürbis angebaut. Der Fluss versorgte die Felder mit aussreichend Wasser.

Vor etwa 800 Jahren verliessen die Virgin Anasazi und die Fremont People, welche in der näheren Umgebung lebten, den Zion in südöstlicher Richtung. Man geht davon aus, dass lange Dürrezeiten und die Übernutzung des Bodens zu diesem Aufbruch geführt haben. Abgelöst wurden sie durch die Paiutes, die kurz darauf den Zion Canyon besiedelten und sich optimal den Wüstenbedingungen anpassten. Im Gegensatz zu den Anasazi waren sie nicht sesshaft, sondern wanderten jahreszeitlich bedingt dem Fluss entlang auf und ab. Landwirtschaft und Jagd betrieben die Paiutes nur nebenbei. Ihre Grundnahrung bestand aus gesammelten Samen, Pflanzen und Nüsssen.

Ab 1860 liessen sich Mormonen im Zion nieder und gaben dem Gebiet den heutigen Namen. Weitere Weisse folgten und schränkten den Lebensraum der Paiutes ein. Krankheiten, die von den Weissen eingeschleppt wurden, plagten die Paiutes zusätzlich und bewogen sie schliesslich dazu die Gegend zu verlassen. Obwohl die weissen Farmer es nicht lange im Tal aushielten, kehrten die Paiutes nie mehr dauerhaft in den Zion zurück. Trotzdem sind die Canyons, Felse und Flüsse für ihre Nachfahren immer noch heilig. 1919 wurde die Gegend als Zion National Park geschützt.

Die massiven Felsformationen und roten Klippen haben bei den frühen weissen Besuchern und Siedlern viel Ehrfurcht ausgelöst. So erklärt man sich heute jedenfalls die Namen, die man damals den herausragenden Wahrzeichen des Zion’s gab: Great White Throne, Altar of Sacrifice, West Temple, Angels Landing oder The Three Patriarchs (Abraham, Isaac and Jacob). Der Name Zion bedeutet für die Mormonen Ort der Zuflucht und des Schutzes.

 

Geologie − Die neun sichtbaren Gesteinsschichten im Zion National Park sind Teil einer riesigen Gesteinsformation, welche The Grand Staircase genannt wird. Diese sogenannte grosse Treppe erstreckt sich vom Bryce Canyon bis zum Grand Canyon. Dabei entspricht die oberste und damit auch jüngste Gesteinsschicht im Zion National Park, derjenigen, die im Bryce Canyon zuunterst liegt und dort die älteste Schicht darstellt. Im Vergleich mit dem Grand Canyon verhält es sich genau umgekehrt. Die unterste und somit älteste Gesteinsschicht im Zion ist mit der obersten und jüngsten Schicht des Grand Canyon identisch. Im Bereich des Zion-Canyon sind 65 bis 220 Millionen Jahre alte Schichten des Erdmantels sichtbar, aus einer Zeit also, in der Dinosaurier lebten. The Grand Staircase befindet sich innerhalb des Colorado Plateaus, welches sich über den Südwesten Utahs, den Norden Arizonas und Teile von New Mexico und Colorado erstreckt. Gesamthaft ist diese von Schluchten durchzogene Hochebene etwas grösser als Deutschland! Das Gestein des Colorado-Plateaus ist wie bereits angetönt in Schichten aufgebaut. Die ältesten Schichten treten im Grand Canyon zu Tage. Sie sind 600 bis über 1’500 Millionen Jahre alt und stammen aus der Zeit als es noch kein Leben auf der Erde gab. In dieser Zeit entstand im Bereich des heutigen Colorado-Plateaus ein grosses Becken, das sich mit Erosions-Ablagerungen zu füllen begann. Später füllte sich das Becken mit Wasser, wodurch weitere Schichten abgelagert wurden. Die versteinerten Überreste eines Riffs sind heute im Capitol Reef Nationalpark zu sehen (Waterpocket Fold > Nottom Bullfrog Road). Aufgrund von tektonischen Plattenverschiebungen wurde das Becken auf bis zu 3’000 Meter zum heutigen Plateau angehoben. Durch das dadurch enstandene, extreme Gefälle erreichten die Flüsse wie z.B. der Colorado River hohe Fliessgeschwindigkeiten undtrieben regelrechte Canyons in den Fels. Aufgrund der unterschiedlichen Gesteinshärten in den verschiedenen Schichten schritt die Erosion aber nicht überall gleich schnell voran. Es entstanden teils ungewöhnliche Formationen wie beispielsweise die Hoodoos im Bryce Canyon oder die Bögen und Brücken im Arches Nationalpark. Auch der Zion Canyon wurde auf diese Weise vom Virgin River geformt, wobei er bis zu 3 Millionen Tonnen Gestein pro Jahr abtrug. Die Nebenflüsse, die sich später bildeten, hatten einen wesentlich geringeren Abtrag, so dass sich zahlreiche Wasserfälle und hängende Gärten bildeten. 

 

Brrrrrrr − Genau diese Wasserfälle und Canyons wollen wir uns heute ansehen. Mit Nanuq fahren wir gemütlich durch den Zion Canyon. Im Sommer ist der Zion Canyon Scenic Drive aufgrund des hohen Besucheransturms, der schmalen Strasse und den beschränkten Haltemöglichkeiten für den Privatverkehr gesperrt und nur mit Shuttle Bussen befahrbar. Im Canyon herrscht Herbststimmung. Die Blätter der Bäume leuchten rot und gelb und bilden einen schönen Kontrast zu den roten Felsen und dem blauen Himmel. Bei Wanderungen beschränken wir uns auf einfache und kurze Routen, wie den Riverside Walk entlang des Virgin Rivers am Ende des Scenic Drives, den Lower Emerald Pool (Middle und Upper Pool sind geschlossen) und den kurzen Aufstieg zum Weeping Rock. Am Ende des Riverwalks führt der «Weg» weiter in die spektakulären Narrows. Die Erkundung des Canyons ist ziemlich abenteuerlich, da man teilweise bist brusttief durchs Wasser watet. Um um diese Jahreszeit im eiskalten Wasser zu überleben, braucht man für die Expedition einen Trockenanzug. Für uns ist darum klar, dass hier Schluss ist. Belustigt beobachten wir,wie ein paar ganz harte (oder naive) Touristen trotzdem versuchen, weiter in die Schlucht vorzudringen. Ohne die angesprochene Ausrüstung kehren sie jedoch alle schon bald wieder um. Aber auch entlang des Riverside Walk hat es ein paar schöne Stellen, die einem ohne nass zu werden zugänglich sind. Aus Faulheit haben wir einmal mehr unser Stativ im Auto gelassen und müssen nun improvisieren. Eine selbstgebastelte Konstruktion aus Taschentüchern, Steinen und dem Objektivdeckel muss herhalten, um ein Foto mit dem gewünschten Effekt («fliessendes» Wasser) zu erreichen. Trotz der Pfahlbauermethode sind wir mit dem Resultat recht zufrieden.

 

Kakaduzüchter, Kaffeemaschinenfilterhersteller, Kinderspitalhausabwart − Wenn man so lange auf Reisen ist wie wir, muss man darauf achten, dass das Gehirn ohne die täglichen Herausforderungen bei der Arbeit nicht einrostet. Wir spielen daher wieder einmal ein Kinderspiel à la «wer kann mehr Vornamen mit dem Buchstaben G aufzählen?» «Welche Städte beginnen mit S?» Oder «wer kennt mehr Berufe, die mit K beginnen?». Vor allem in der letzten Kategorie setzen wir viel Fantasie ein und schöpfen die fast grenzenlosen Möglichkeiten neuer Wortbildungen aus. Das Spiel ist zwar banal, macht uns aber grossen Spass.Und für’s Protokoll wollen wir natürlich festhalten, dass Lulu Markus haushoch überlegen ist. Markus lässt anfügen, dass Lulu nicht immer fair gespielt haben soll und dabei von seiner Vergesslichkeit profitiert hat. So hat sie angeblich (wie früher bei Tests in der Schule) nach einer bestimmten Zeit einige Begriffe nochmals aufgezählt. Lulu weist alle Vorwürfe von sich.

Als wir den Park verlassen ist es bereits am eindunkeln. Wir können mitverfolgen wie der Mond hinter den Felstürmen emporsteigt und sich der Himmel im Westen rötlich verfärbt. In Springdale gleich ausserhalb des Parks suchen wir uns einen verlassen Abstellplatz als Nachtlager aus.

 

Teil 2 − Am nächsten Morgen fahren wir wiederum in den Park. Diesmal biegen wir jedoch vor dem Zion Canyon Scenic Drive rechts ab und nehmen den Zion Mount Carmel Highway. Die Strasse führt in steilen Kurven bergauf und durchquert schliesslich einen Tunnel. Wegen der beschränkten Höhe und Breite des Tunnels brauchen grössere Fahrzeuge beide Strassenhälften. Ein Ranger muss in diesem Falle den Gegenverkehr stoppen und kassiert von den Fahrern dafür eine extra Gebühr. Klein Nanuq passt glücklicherweise ohne Probleme durch das Loch und kommt sicher auf die andere Seite. Dieser Teil des Parks ist ganz anders als jener den wir gestern gesehen haben. Wir befinden uns nicht mehr länger in der Talsohle sondern im erhöhten Hinterland des Zions. In sanften Kurven schlängelt sich die Strasse dem Osteingang entgegen. Checkerboard Mesa, ein Tafelberg (Berge mit abgeflachten Bergrücken), ist das berühmteste Wahrzeichen auf dieser Strecke. Tiefe vertikale und horizontale Furchen durchziehen die Sandsteinoberfläche des Berges und rechtfertigen den Namen Checkerboard (Schachbrett).

 

Cervelatprominenz − Auf einem Parkplatz in der Nähe des Checkerboard Mesas nehmen wir unser Frühstück ein. Ein Reisecar macht Halt und spuckt eine Gruppe Südtiroler aus. Der Guide will den Touristen die Entstehung der Maserierung im Gestein des Checkerboards erklären, muss aber resigniert feststellen, dass deren Interesse an uns und Nanuq viel grösser ist als an der Geologie des Zion National Parks. Immer mehr Leute scharen sich um uns, stellen Fragen und fotografieren uns und den LandRover. Für kurze Zeit kommen wir uns vor wie echte Stars. Es fehlt einzig, dass sie unser Autogramm verlangen. ;-)

 

Geführt verführt − Wir verlassen den Park und fahren in Richtung Kanab. Bei einer Strassenkreuzung mit Tankstelle und Souvenirshop machen wir einen WC-Stopp. Der Besitzer hat einen verkaufstechnisch geschickten Zug gemacht. Während das WC der Herren bequem von aussen erreichbar ist, werden die Damen quer durch den ganzen Laden geführt. Bei Lulu funktioniert der Trick jedoch nicht. Ohne Souvenirs und Snacks fahren wir weiter. Kurz darauf verlassen wir den Highway 89 und biegen auf eine Nebenstrasse ab. Diese bringt uns zum Coral Pink Sand Dunes State Park.